In den uns bekannten Entwürfen werden die Kriterien wie folgt formuliert. Unter jedem Kriterium finden Sie in grüner Schrift die verbindlichen Hinweise, die in einem entsprechenden Merkblatt zu den jeweiligen Punkten festgehalten werden sollen.
1.
Verjüngung des Vorbestandes (Vorausverjüngung) durch künstliche Verjüngung (Vorausverjüngung durch Voranbau) oder
Naturverjüngung mit mindestens 5- oder mindestens 7-jährigem Verjüngungszeitraum vor Nutzung bzw. Ernte des Bestandes in Abhängigkeit vom Ausgangs- und Zielbestand.
- Vorausverjüngung (oder auch Vorverjüngung) ist eine zum Zeitpunkt der Einleitung der Endnutzung (Ernte)
des Altbestandes gesichert etablierte Verjüngung, die im Schnitt wenigstens 5 Jahre alt ist.
- Der Voranbau ist ein Waldbauverfahren, bei dem eine Kunstverjüngung (Saat, Pflanzung) unter dem Schirm des bestehenden Altbestandes als zukünftiger Hauptbestand eingebracht wird.
- Naturverjüngung bezeichnet einen aus natürlichem Samenfall oder Eintragung durch Tiere und Ansamung entstandenen Jungpflanzenbestand (im Gegensatz zu Kunstverjüngung aus Saat oder
Pflanzung).
- Der Ausgangsbestand stellt den bestehenden Waldbestand vor Eingriffen dar; der Zielbestand den erwünschten Bestand am Ende der waldbaulichen Behandlung.
- Nutzung bzw. Ernte beschreibt die Holzentnahme zur wirtschaftlichen Verwertung, verbunden mit der nachfolgenden Verjüngung des Bestandes.
2.
Die Naturverjüngung hat Vorrang, sofern klimaresiliente, überwiegend standortheimische Hauptbaumarten in der Fläche
auf natürlichem Wege eingetragen werden und anwachsen.
- Klimaresiliente Baumarten umfassen solche, die standortsbedingt entweder wenig empfindlich auf klimatisch bedingten Stress und
Extremereignisse durch z. B. Sturm, Hitze, Trockenheit, Nass-Schnee, Eisanhang und begleitendes Schaderreger-Auftreten reagieren und/oder sich wieder schnell und vollständig von den schädigenden
Einflüssen erholen. Als Anhalt können die Einschätzungen der regional zuständigen Forstlichen Landesanstalten hinsichtlich der Klimaresilienz und Zukunftsfähigkeit der Baumarten herangezogen
werden.
- Standortheimische Baumarten sind Baumarten der potentiell natürlichen Vegetation an einem gegebenen Standort.
3.
Bei künstlicher Verjüngung sind die zum Zeitpunkt der Verjüngung geltenden Baumartenempfehlungen der Länder oder,
soweit solche nicht vorhanden sind, der in der jeweiligen Region zuständigen forstlichen Landesanstalt einzuhalten, dabei ist ein überwiegend standortheimischer Baumartenanteil
einzuhalten.
- vgl. Erläuterung zu 2.
- Die forstliche Landesanstalt für Bayern ist die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)
4.
Zulassen von Stadien der natürlichen Waldentwicklung (Sukzessionsstadien) und Wäldern insbesondere aus
Pionierbaumarten (Vorwäldern) bei kleinflächigen Störungen.
- Sukzession bezeichnet
die natürliche Abfolge (Sukzessionsstadien) von sich einander ablösenden Pflanzen- und Waldgesellschaften an einem bestimmten Standort, insbesondere als natürlicher
Wiederherstellungsprozess.
- Vorwald benennt einen jungen Waldbestand aus Natur- oder Kunstverjüngung meist schnellwachsender aber lichtdurchlässiger Pionierbaumarten (z. B. Birke, Aspe, Weidenarten, Eberesche),
unter deren Schirm andere empfindliche Baumarten-Verjüngungen (z. B. Buche, Eiche) gegenüber klimatischen Extremen wie Frost, Hitze und Trockenheit besser geschützt sind.
- Unter Störungen (natürlicher Prozess) bezeichnet man die abrupte Änderung des Waldaufbaus durch das Absterben einzelner Bäume, Baumgruppen bis ganzer Bestände durch ein zeitlich
befristetes Extremereignis wie z. B. Sturm, Schnee und, Eisbruch (abiotische Störungen) oder Schaderregerbefall (biotische Störungen). Kleinflächige Störungen beziehen sich auf Flächen bis zu 0,3
ha. Im Altbestand entspricht dies gruppen- bis horstweisen Lücken.
5.
Erhalt oder, falls erforderlich, Erweiterung der klimaresilienten, standortheimischen Baumartendiversität zum Beispiel
durch Einbringung von Mischbaumarten über geeignete Mischungsformen.
- Heute
standortheimische Baumarten sind an die klimatischen Bedingungen der Vergangenheit bzw. Gegenwart und eventuell der Zukunft angepasst. Die Klimaangepasstheit standortheimischer Baumarten
hängt maßgeblich von der Naturnähe (Strukturvielfalt, Artenreichtum) der betrachteten Waldökosysteme ab. Die hohe Unsicherheit im Hinblick auf die zukünftige Anpassung heute standortheimischer
Baumarten kann in Ausnahmefällen die Erweiterung des verwendeten Baumartenspektrums um Baumarten mit hohem Anpassungspotenzial an Trockenheit, Hitze, Sturm und Schaderregerbefall erfordern. Dies
gilt prinzipiell in Waldbeständen mit geringer Baumartenzahl, insbesondere in naturfernen Reinbeständen. Das Baumartenspektrum im Sinne der Richtlinie umfasst überwiegend standortheimische
Baumarten (s.o.).
- Die Mischungsform beschreibt den horizontalen Aufbau des Waldbestandes mit unterschiedlichen Baumarten.
6.
Verzicht auf Kahlschläge. Das Fällen von absterbenden oder toten Bäumen oder Baumgruppen außerhalb der planmäßigen
Nutzung (Sanitärhiebe) bei Kalamitäten ist möglich, sofern dabei mindestens 10 % der Derbholzmasse als Totholz zur Erhöhung der Biodiversität auf der jeweiligen Fläche belassen
werden.
- Ein Kahlschlag ist eine flächenhafte Nutzung des Bestandes ab einer
Hiebsfläche von 0,3 Hektar.
- Ein Sanitärhieb ist das Fällen und Entnehmen von absterbenden oder toten Bäumen beziehungsweise Baumgruppen außerhalb der planmäßigen Nutzung i. d. R. aufgrund von Störungen oder
längerfristiger Stresseinwirkung. Hierdurch sollen benachbarte Bäume vor der jeweiligen Erkrankung (insbesondere Schädlingsbefall) geschützt und das Holz soll vor einer Entwertung genutzt
werden.
- Eine Kalamität bezeichnet den Ausfall von Waldbeständen z. B. durch Massenvermehrungen von Borkenkäfern, anderen blatt- oder nadelfressenden Insekten oder durch Witterungsextreme
verursachten Schäden (z. B. Sturm, Schnee- / Eisbruch, Waldbrand, Dürre).
- Derbholz umfasst die oberirdischen Teile eines Baumes (Stamm und Äste) mit einem Durchmesser von mindestens 7 cm mit Rinde (Durchmesser von Holz plus Rinde).
7.
Anreicherung und Erhöhung der Diversität an Totholz sowohl stehend wie liegend und in unterschiedlichen Dimensionen
und Zersetzungsgraden; dazu zählt auch das gezielte Anlegen von Hochstümpfen.
- Eine Anreicherung von Totholz liegt vor, wenn abgestorbene Bäume im Wald belassen werden und
hierdurch die Gesamtmenge an Totholz auf der Fläche steigt. Die Diversität an Totholz kann z. B. erhöht werden, wenn gezielt Typen von Totholz (liegend / stehend, nach Durchmesser oder Baumart
o.ä.) geschaffen oder erhalten werden, die weniger häufig vorkommen als andere. Die Kennzahlen aus dem Bewertungsschema für FFH-Lebensraumtypen1 können als Anhalt für Altbestände genutzt
werden.
- Als Hochstumpf zählen stehende tote Bäume ohne Baumkrone. Bei künstlicher Anlage sollten die Stümpfe so hoch sein, dass ihr oberer Bereich besonnt ist.
8. Kennzeichnung und Erhalt von mindestens fünf Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro Hektar, welche zur Zersetzung auf der Fläche verbleiben. Die Habitatbäume oder die Habitatbaumanwärter sind spätestens zwei Jahre nach Antragstellung nachweislich auszuweisen. Wenn und soweit eine Verteilung von fünf Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro Hektar nicht möglich ist, können diese entsprechend anteilig auf den gesamten Betrieb verteilt werden.
- Ein Habitatbaum ist ein lebender oder toter, stehender Baum, der mindestens ein Mikrohabitat trägt. Als Mikrohabitat werden kleinräumige oder speziell abgegrenzte Lebensräume bezeichnet, die durch Verletzungen, Aktivitäten von Tieren oder Pflanzen oder Wuchsstörungen oder Eigenarten des Baumes bedingt werden. Beispiele sind Flechten, Rindentaschen nach Blitzschlag, Spechthöhlen, „Hexenbesen“ oder Efeubewuchs. Habitatbäume haben keine absoluten Mindestgrößen oder Alter. Bei der Auswahl soll naturschutzfachlich wertvolleren Bäumen der Vorzug gegeben werden. Habitatbäume werden permanent gekennzeichnet. Bei einer anteiligen Verteilung der Habitatbäume sind Flächen ausgeschlossen, die nach Kriterium Nr. 12 der Richtlinie einer natürlichen Waldentwicklung vorbehalten sind oder Flächen auf denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen eine Nutzung ausgeschlossen ist.
- Habitatbaumanwärter sind Bäume, die Mikrohabitat-geeignete Strukturen aufweisen, die sich in Entwicklung befinden. Habitatbaumanwärter sind gemäß Förderrichtlinie wie Habitatbäume entsprechend zu kennzeichnen
9.
Bei Neuanlage von Rückegassen müssen die Abstände zwischen ihnen mindestens 30 Meter, bei verdichtungsempfindlichen
Böden mindestens 40 Meter betragen.
- Rückegassen sind unbefestigte Fahrlinien im
Wald, die im Rahmen der sogenannten Feinerschließung angelegt werden und bei Hiebsmaßnahmen von Forstmaschinen (Rückemaschinen, Harvestern und Forwardern) befahren werden.
- Der Abstand zwischen zwei Rückegassen im Bestand. Er wird von Mitte der Rückegasse zur Mitte der benachbarten Rückegasse gemessen. Anstelle von Abständen können auch Prozentwerte für
befahrene Fläche herangezogen werden, wobei 30 m Abstand 13,5% Fläche und 40 m Abstand 10% Fläche entsprechen.
Verdichtungsempfindlich ist ein Boden, welcher aufgrund seiner Eigenschaften, insbesondere der Bodentextur, ein hohes Risiko trägt, dass es infolge mechanischer Belastungen (wie z. B.
Befahren mit schweren Maschinen) zu dauerhaften Beeinträchtigungen der Bodenstruktur (Verdichtung) kommt.
10. Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel. Dies gilt nicht, wenn die Behandlung von gestapeltem Rundholz (Polter) bei
schwerwiegender Gefährdung der verbleibenden Bestockung oder bei akuter Gefahr der Entwertung des liegenden Holzes erforderlich ist.
- Pflanzenschutzmittel (PSM) sind alle chemischen oder biologischen Produkte, die Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor einer Schädigung
durch Tiere (z. B. Insekten, Nagetiere) oder Krankheiten wie Pilzbefall schützen sollen. Auch Produkte, die der Bekämpfung von unerwünschten Pflanzen dienen, zählen ebenfalls zu den
Pflanzenschutzmitteln. Im Kontext dieser Förderrichtlinie gelten als PSM Insektizide, Fungizide und Herbizide. Mittel zur Vergrämung von schädigenden Säugetieren, Verbissschutz von Jungpflanzen
oder zur Behandlung von Wunden an Bäumen (schützen vor Krankheiten) sind keine PSM im Sinne dieser Förderrichtlinie.
- Polter bezeichnet einen aufgeschichteten Stapel Rundholz zur Lagerung, zum Weitertransport oder zur Weiterverarbeitung.
11. Maßnahmen zur Wasserrückhaltung, einschließlich des Verzichts auf Maßnahmen zur Entwässerung von Beständen und Rückbau
existierender Entwässerungsinfrastruktur, bis spätestens fünf Jahre nach Antragstellung, falls übergeordnete Gründe vor Ort dem nicht entgegenstehen.
- Maßnahmen zur Wasserrückhaltung im Wald können über verschiedene Wege erfolgen. Der Abfluss von Wasser aus
dem Wald kann z. B. verringert werden über den Rückbau von bestehenden Entwässerungsstrukturen, die Renaturierung und Förderung von stehenden und fließenden Gewässern sowie Feuchtgebieten im
Rahmen von wasser- und naturschutzrechtlich abgestimmten Entwicklungskonzepten, ggf. in Kombination mit der Anlage von Feuerlöschteichen. Dienlich sind zudem Maßnahmen zur Pflege und zum Erhalt
einer Humusauflage sowie einer Bodenvegetation, die eine schnelle Ableitung von Niederschlägen in den Waldboden begünstigt und zur Vermeidung von oberflächigem Abfluss beiträgt. Auch eine
Verringerung der Feinerschließung bzw. der Befahrungsintensität kann die Wasserrückhaltekapazität von Waldböden verbessern.
-
Natürliche Waldentwicklung auf 5 % der Waldfläche. Obligatorische Maßnahme, wenn die Waldfläche des
Waldbesitzenden 100 Hektar überschreitet. Freiwillige Maßnahme für Betriebe, deren Waldfläche 100 Hektar oder weniger beträgt. Die auszuweisende Fläche beträgt dabei mindestens 0,3 Hektar und
ist 20 Jahre aus der Nutzung zu nehmen. Naturschutzfachlich notwendige Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen oder Maßnahmen der Verkehrssicherung gelten nicht als Nutzung. Bei
Verkehrssicherungsmaßnahmen anfallendes Holz verbleibt im Wald.
- Eine natürliche Waldentwicklung im Sinne dieser Förderrichtlinie liegt vor, wenn auf Wald- oder waldfähige Flächen von mindestens 0,3 ha Größe forstwirtschaftliche Eingriffe für mindestens 20 Jahre ausgeschlossen sind. Ausnahmen für Eingriffe in den Baumbestand sind naturschutzpflegerische Eingriffe sowie dringend notwendige Verkehrssicherungs- und Forstschutzmaßnahmen. In diesen Fällen müssen die gefällten Bäume als Totholz im Bestand verbleiben, wenn nicht andere Gründe der Gefahrenabwehr oder der Bekämpfung invasiver Neobiota dagegensprechen.
- Naturschutzfachlich notwendig sind Pflege- bzw. Erhaltungsmaßnahmen, die unabdingbar erforderlich sind, um Schutzgüter des Naturschutzes (z. B. Arten, geschützte Biotope oder Waldlebensraumtypen) entgegen der natürlichen Entwicklung und Dynamik zu erhalten. Dies kann auch die Aufrechterhaltung bestimmter kulturbetonter Waldformen (z. B. Nieder-, Mittel-, Hutewälder, Waldränder) umfassen.
Kommentar schreiben